KI im IT Sektor – Einblick in die Praxis bei QAware

 |  Sabine Lange

In einem Zeitalter, in dem künstliche Intelligenz (KI) nicht mehr aus unserem Alltag wegzudenken ist, hat QAware es sich zur Aufgabe gemacht, die Chancen und Herausforderungen dieser Technologie aktiv zu gestalten und für eine innovative Zukunft zu nutzen.

Robert Zeitter, Schülerstipendiat bei QAware führte mit Mario-Leander-Reimer, CTO bei QAware ein exklusives Interview zum Einsatz und der Philosophie von KI bei QAware.

Der nachfolgende Beitrag stammt von Robert Zeitter, Schülerstipendiat bei QAware.

KI als täglicher Begleiter im IT-Alltag

Der Bildschirm blitzt auf und der Computer erwacht zum Leben. Ein geschickter Prompt wird durch wenige präzise Tastenanschläge erstellt, noch ein kurzer Klick mit der Maus, und voilà – ein vermeintlich individualisiertes Programm, generiert durch die unsichtbare Hand der Künstlichen Intelligenz (KI), erscheint wie aus dem Nichts auf dem Bildschirm. Dies ist schon lange kein Zukunftstraum mehr, sondern Alltag im Zeitalter der digitalen Revolution, wodurch die Befürchtung im Raum steht, dass KI den Beruf des Informatikers obsolet werden lässt. „ChatGPT ist das Schweizer Taschenmesser der KI-Anwendungen“ – so Mario-Leander Reimer. Leander, Managing Director und CTO beim mittelständischen Software-Unternehmen „QAware“, betritt das Zoom-Meeting über seinen MacBook, das matt silberne Glänzen der Oberfläche ist kaum merklich im spärlich beleuchteten Raum, welcher einer Collage aus technischer Ausstattung und persönlichen Gegenständen darstellt. Wie so viele andere Software-Entwickler arbeitet auch er gelegentlich von zu Hause, im Homeoffice. Regelmäßige Meetings und Calls sind für ihn schon lange zur Routine geworden, wodurch er völlig gelassen ist und eine Präsenz der Ruhe ausstrahlt. Leanders legerer Kleidungsstil passt wohl kaum in das Bild eines Firmenvorsitzenden, er trägt weder Sakko noch Anzug. Sein lässiges T-Shirt mit dem Aufdruck eines bekannten In-Memory-Datenbanksystems, verrät nicht nur seine ungezwungene Professionalität, sondern auch seine jahrelange Erfahrung als Software-Entwickler, welche sich bereits über mehrere Jahrzehnte erstreckt. In seiner Rolle überblickt er nicht nur die technische Infrastruktur seines Unternehmens, sondern ist ebenfalls für die IT-Security und den Datenschutz verantwortlich. Darüber hinaus sind Nachhaltigkeit und Verantwortung, auch bezüglich Künstlicher Intelligenz, für ihn keine leeren Worte, sondern entscheidende Pfeiler seiner Führungsphilosophie.

Effizienzgewinne und der Wandel der Entwicklerrolle

Für Leander und sein Unternehmen haben sich drei KI-Technologien als besonders wertvoll erwiesen: OpenAIs ChatGPT, welches von allen Mitarbeitern vielseitig genutzt werden kann, GitHub Copilot, eine in das IDE integrierte KI, das besonders für Software Engineers nützlich sein kann und zu guter Letzt DeepL, welches jedoch nur einen kleineren Nutzerkreis besitzt. „Die durch KI gewonnene Zeitersparnis hängt stark vom Grad der Seniorität ab, beträgt allerdings zwischen 20-40%“, betont Leander, seine Stimme wird von einem leichten Surren der Lüfter und den gelegentlichen Geräuschen seiner Maus und Tastatur untermalt. Besonders für alt-eingesessene Experten können diese Tools die Produktivität stark steigern, da dadurch nicht nur repetitive Aufgaben übernommen werden können, sondern man stets nur wenige Klicks von einem möglichen Ansatz entfernt ist und somit das Weiße-Blatt-Syndrom umgangen werden kann. Damit ist gemeint, dass man am Anfang eines neuen Projektes, teils metaphorisch, teils wortwörtlich vor einem weißem Blatt steht und man nicht weiß, wie man starten sollte. Juniors rät er jedoch tendenziell von der Nutzung ab, da der Einsatz KI ebenfalls gefestigte Syntax-Kenntnisse und Verständnis voraussetzt, um den produzierten Code auf seine Funktionalität und Sicherheit hin zu überprüfen, was insbesondere bei unerfahreneren  Entwicklern die gewonnene Zeit schnell wieder zu Nichte machen kann.

KI im Unternehmenskontext: Anpassung statt Widerstand

Leander stellt fest, dass KI bereits jetzt nicht mehr wegzudenken ist und Unternehmen, welche gegen diese technologische Revolution rebellieren, langfristig betrachtet weder markt- noch wettbewerbsfähig sein werden und sowohl von potentiellen Kunden als auch Mitarbeitern als „altbacken“ angesehen werden. Trotz des momentanen Hypes ist sich Leander aber sicher, dass „wir noch am Anfang einer rosigen Zukunft stehen, welche sich allerdings noch stark wandeln wird.“  Den häufig recht dystopisch gezeichneten Zukunftsbildern, wie sie von vielen Zeitschriften und Magazinen kreiert werden, widerspricht er entschieden: „Der Verlust von Arbeitsplätzen ist unter anderem der Profitgier der jeweiligen Unternehmen zuzuschreiben, nicht ausschließlich der KI“. Vielmehr würden sich „das Bild und die Kompetenzen von einem Software Engineer […] hin zu einem ‚Software Reviewer‘ wandeln.“ Daraus resultiert für Leander ein „gesellschaftlicher und sozialer Auftrag für Unternehmen, Mitarbeiter, welche durch KI ersetzt werden könnten, entsprechend weiterzubilden.“

Die ethische Dimension von KI und die Verantwortung der Unternehmen

Nichtsdestotrotz ist KI nicht die eierlegende Wollmilchsau, für die sie einige halten, sondern birgt auch einige Herausforderungen. Nicht nur Datenschutz sei häufig ein großes Risiko, sondern besonders der Umgang und die Interpretation von personenbezogenen Daten stelle eine nicht zu vernachlässigende Gefahr dar. „Wir müssen verhindern, dass die eh schon vorherrschende Benachteiligung von Randgruppen [aufgrund von Religion, sozialem Status, Ethnie, etc.] durch KI nicht weiter geschürt wird!“, mahnt er, seine Miene besorgt und doch ernst, unterstreichend, wie wichtig ihm diese Angelegenheit ist. Solche Bedenken sind keinesfalls unbegründet, wie unter anderem der Fall um Amazon zeigt. Im Jahr 2014 hat das Unternehmen eine Software entwickelt, welche mittels Künstlicher Intelligenz darauf abgezielt hat, den Rekrutierungsprozess zu vereinfachen, indem es ein Ranking aller Bewerbungen erstellt. Dabei hat sich jedoch herausgestellt, dass das System Frauen systematisch benachteiligt. Der Kern des Problems lag darin, dass die verwendeten Trainingsdaten überwiegend männliche Bewerber umfasst hat, wodurch das System angenommen hat, dass diese eine höhere Eignung für die Stelle besäßen. Dieser Vorfall wirft Licht auf den sogenannten Bias, eine Verzerrung durch Stereotypen und Vorurteile, welcher Aufgrund mangelhafter oder nicht korrekt kuratierter Datensätze entstehen kann. Die vorrangegangene Problematik wurde ebenfalls bereits von höheren Instanzen, insbesondere von der Europäischen Union, welche als Konsequenz den „European AI Act“ verabschiedet hat, erkannt. Dieser regelt in erster Linie, inwiefern Künstliche Intelligenz eingesetzt werden darf. So sind zum Beispiel Modelle, welche dem Social-Scoring System von China ähneln, verboten.

Nachhaltigkeit und KI – die versteckten Kosten der Technologie

Neben moralischen und sozialen Fragen rückt ein weiteres, nicht zu vernachlässigendes, Thema in den Fokus, die Nachhaltigkeit. Leander gibt dabei zu bedenken, dass bereits jetzt allein der IT-Sektor knapp vier Prozent der globalen CO2-Emissionen ausmache, wohingegen die Luftfahrt lediglich rund zwei Prozent beträgt. Besonders durch den enormen Verbrauch an CO2, welcher sowohl beim Trainieren als auch der Nutzung von KI-Modellen auftritt, besteht die Möglichkeit, dass diese Zahl in Zukunft rasant zunimmt. „Gleichzeitig könnte man KI auch dazu nutzen, um wiederum zwei Prozent intelligent zu reduzieren“, fügt er mit einem leicht schelmischen Lächeln und Funkeln in den Augen hinzu. „There is no such thing as a free lunch!”, mit diesen Worten unterstreicht Leander eine fundamentale Wahrheit, die gleichermaßen für Künstliche Intelligenz gilt. Während KI beeindruckende Lösungen und Effizienzsteigerungen ermöglicht, bringt sie ebenso unweigerliche Herausforderungen und eine gesellschaftliche Verantwortung mit sich. Die Brillanz liegt in ihrem Potential, neue Pfade zu eröffnen. Nichtsdestotrotz sollte ebenso ein kritisches Bewusstsein bezüglich ethischer und sozialer Auswirkungen geschaffen werden. Schließlich ist „Künstliche Intelligenz […] keine Intelligenz im menschlichen Sinne, sondern vielmehr intelligentes Raten.“ Auch in Zukunft wird Leander sicherlich noch unzählige Prompts mit gleichbleibender oder sogar sich steigernder Präzision erstellen. Doch für den restlichen Abend wird KI keinen Platz mehr einnehmen. Er klappt das MacBook zu, der Bildschirm erlischt augenblicklich und absolute Stille kehrt in sein Arbeitszimmer ein. Keine Tastenanschläge, kein Klicken und kein Summen ist mehr zu hören, er löscht das Licht und verlässt den Raum.

Quellen

Sabine Lange